Dr. Michael Schäfer
Diplom-Geologe
 

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Diplomarbeit

SCHÄFER, M. (2003): Auswertung thermaler Informationen von LANDSAT-7 ETM+ und ASTER-Daten zur Erfassung von Landoberflächentemperaturen
 
− Am Beispiel von Kohlebränden in Nordwest-China −

Praesentation

Powerpoint-Präsentation zur DGPF-Tagung 2003 (PPT, 5.5 MB, schreibgeschützt öffnen!)

           TRINSIM

Diplomarbeit im PDF-Format (4.5 MB)

Weitere Informationen zur meiner Diplomarbeit erhalten Sie auf Wunsch per eMail.

Die Diplomarbeit wurde freundlicherweise vom Deutschen Fernerkundungs-Datenzentrum des DLR und der ehemaligen "Mines & More Division" der DMT GmbH mit Fernerkundungsdaten und Vor-Ort-Informationen unterstützt.
 

Allgemeines zur Kohlefeuerproblematik in China

Obgleich Kohlefeuer ein weltweites Phänomen darstellen, ist der nördliche Steinkohlengürtel in China besonders stark betroffen. In China verbrennen jährlich ca. 20 Millionen Tonnen Kohle, ein vielfaches davon wird zudem durch die Brände für den Bergbau unbrauchbar.

Hinzu kommen Landverluste, Gefährdungen für Infrastruktur und Gebäude durch Bodensenkungen und Spaltenbildungen sowie eine hohe CO2-Emission (Stichwort Kyotoprotokoll).

    Abb. 1: Im nördlichen Steinkohlegürtel von China sind über hundert größere Vorkommen von brennenden Kohleflözen offiziell bekannt. Quelle: BÖKEMEIER (2002).

Kohlefeuer können auch natürlich bedingt sein, jedoch begünstigen verschiedene Faktoren ihre Entstehung. Insbesondere wilder Abbau an der Tagesoberfläche oder unkontrollierter untertägiger Abbau bei falscher Bewetterung führen vermehrt zu spontanen Selbstentzündungen.

   

    Abb. 2: An der Tagesoberfläche austretende Kohleflöze durch wilden Abbau im Bereich von Keerjian. Eine spontane Selbstentzündung kann durch die Sonnenerwärmung ab Temperaturen von 80 °C stattfinden. Quelle: DMT GmbH.

Die Kenntnis über die Ausbreitung von Brandzonen ist wesentlich für die erfolgreiche Bekämpfung. Hierzu bietet sich die Fernerkundung an, um entlegene große Gebiete regelmäßig zu erfassen. Im Rahmen der Diplomarbeit wurde untersucht, ob Satellitendaten im thermalen Infrarot (TIR) hierfür geeignet sind und zwei Verfahren zu ihrer Auswertung entwickelt.

    Abb. 3: Thermal-Aufnahme eines Kohlefeuers bei Tielike. Brandfläche 4-5 m Ø, Temperatur im Zentrum 420°C. Quelle: DMT GmbH.

Einschränkungen ergeben sich durch die kleinen Ausmaße der Brandflächen (s. Abb. 3) in Relation zu den geringen Auflösungen der Satelliten im TIR (z.B. 60 m bei LANDSAT-7 ETM+), durch die Tiefenlage der Brände, die Sonnenerwärmung des Bodens und fehlende Vor-Ort-Informationen.
 

Im Zuge der Diplomarbeit wurden zwei Methoden zur Detektion von Thermal-Anomalien entwickelt, die im Folgenden beschrieben werden:
 

Sonnen-Einstrahlungs-Simulation TRINSIM
(Thermal heating Removal by Insolation Simulation)

Die starke Sonnenstrahlung auf unterschiedlich ausgerichtete Berghänge im wüstenähnlichen Terrain führt zu einer variablen Erwärmung des Erdbodens. Hierdurch werden relativ kleine, durch Kohlefeuer hervorgerufene Temperaturanomalien weitgehend überdeckt. Daher wurde ein Programm entwickelt, das für jede Fläche eines Geländemodells die Sonnenstrahlung atmosphärenkorrigiert nach IQBAL (1983) berechnet.

    Abb. 4: Veranschaulichung der Arbeitsweise des Programms TRINSIM.

Die Berechnung resultiert in einer Abschätzung der Temperaturerhöhung der Erdoberfläche und wird für beliebig viele Zeitschritte zwischen Sonnenaufgang und Befliegung des Satelliten durchgeführt. Dadurch ist es möglich, eine simulierte Temperatur der Erdoberfläche zur Zeit der Satellitenaufnahme zu errechnen. Beim Vergleich mit der vom Satelliten gemessenen Temperatur zeigen sich so durch Feuer bedingte Anomalien.

    Abb. 5: Ergebnis einer Auswertung mit TRINSIM. Links (a) vom Satelliten gemessene, rechts (b) simulierte Temperaturen [Kelvin]. Kreise: Mögliche Brandherde. (d) ist die Differenz zwischen (c) und (e) mit potentiellen Feuerflächen. Grüner Kreis: Oase, die durch bis zu 10 °C niedrigere Temperaturen dunkel im Satellitenbild erscheint, jedoch nicht in die Simulation mit eingeht.

Die Ergebnisse von TRINSIM bedürfen momentan noch der Interpretation eines erfahrenen Anwenders und erlauben keine automatisierte Berechnung größerer Gebiete. Die Methode eignet sich vor allem für Sensoren, die nur in einem Spektralbereich des TIR Daten erfassen (wie z.B. LANDSAT-7 ETM+). Bei den Untersuchungen wurden zudem Erkenntnisse über die Grenzen der Detektierbarkeit von Feuern bei Verwendung lediglich eines TIR-Kanals gewonnen, veranschaulicht in der nachfolgenden Abbildung.

    Abb. 6: Die Kurven zeigen, wie groß und um wieviel heißer eine Sub-Pixel-Feuerfläche als ihre Umgebung mindestens sein muss, damit sie sich durch eine Erhöhung der Strahlungstemperatur eines Pixels um 2 .. 20 Kelvin bemerkbar macht (berechnet über das Strahlungsgesetz nach Planck). Links: Halb-logarithmische, rechts doppelt-logarithmische Darstellung. Beachte den nicht-linearen Verlauf der Kurven in der rechten Abbildung.

 

Mehr-Kanal-Analyse TRISTAR
(Tri-Spectral Temperature Anomaly Recognition)

Bei der zweiten Methode wurde ein Ansatz nach DOZIER (1981) zur Erfassung von Temperaturanomalien weiterentwickelt. Der Ansatz ermöglicht prinzipiell eine Erfassung von Temperaturdifferenzen im Subpixelbereich (d.h. für Feuerflächen, die kleiner als ein Bildpunkt sind).

In die (meist zwei) Gleichungen des Dozier-Systems gehen die gemessenen Strahlungen von zwei TIR-Kanälen ein. Damit ist jedoch keine eindeutige Lösung möglich. Das System ist zudem nicht analytisch lösbar sondern nur graphisch, was eine rechnergestützte Auswertung ganzer Satellitenszenen unmöglich macht.

        (1)

    Formel 1: Eine Gleichung des Dozier-Gleichungssystems für den Kanal X. Erläuterungen:
    • LgesX − Vom Kanal X aufgezeichnete Gesamtstrahlung am Sensor
    • C1/C2 − Plancksche Strahlungskonstanten
    • TF / TH − Feuer- / Hintergrundtemperatur
    • LamdaX − Wellenlänge des Kanals X
    • p − Prozentuale Feuergröße

Aus diesen Gründen wurde im Zuge der Diplomarbeit eine iterative Herangehensweise verfolgt. Mit Hilfe des selbstentwickelten Rechenverfahrens können mehr als drei Kanäle gleichzeitig genutzt werden, wodurch die eindeutige Bestimmung aller drei Parameter TF, p und TH für jedes Pixel möglich ist.

    Abb. 7: Ergebnis einer Auswertung mit TRISTAR. Links ASTER-Bild, rechts Darstellung der Feuer-Energiefreisetzung in Megawatt (MW).

Die Methode TRISTAR eignet sich nur für Satellitensensoren, die in mehreren Wellenlängenbereichen des TIR Daten erfassen. Zur Zeit ist lediglich der Sensor ASTER des Satelliten Terra dazu in der Lage (90 m Pixelauflösung im TIR).

Obwohl TRISTAR theoretisch einwandfrei arbeitet, zeigt sich bei realen Daten, dass die Methode bereichsweise viele sehr kleine Feuerflächen geringer Energiefreisetzung ermittelt. Dies liegt u.a. daran, dass die Spektralkanäle von ASTER im TIR überwiegend ein hohes Rauschen aufweisen. Zudem hat sich gezeigt, dass typische, im Untersuchungsgebiet auftretende Gesteinsoberflächen keineswegs (wie oft angenommen) konstant über den gesamten Bereich des TIR emittieren (s. a. Abb. 8). Daher müsste vor der Lösung des Gleichungssystems die Emissivität der Geländeoberfläche bsbw. durch eine Klassifikation abgeschätzt werden. Die Lösung dieser Problematik konnte im Rahmen der Diplomarbeit nicht mehr angegangen werden.

    Abb. 8: Typische Emission verschiedener Oberflächen im TIR. Beachte insbesondere den gegensätzlichen Verlauf der Kurven von Sand und Kalk.

 

Kurzzusammenfassung

Es konnte gezeigt werden, dass eine Erfassung von thermalen Anomalien der Landoberfläche, z. B. hervorgerufen durch Kohlebrände, möglich ist. Obwohl nur sehr wenige Bilddatensätze zur Verfügung standen, konnten die entwickelten Methoden in Hinblick auf Plausibilität der Ergebnisse überprüft werden. Auf der Grundlage der bisherigen Untersuchungen ergeben sich verschiedene Möglichkeiten einer Erweiterung der Verfahren. Signifikante Verbesserungen der Ergebnisse, speziell beim Verfahren TRISTAR, sind bei der Auswertung von Nachtaufnahmen zu erwarten, da dann die Kanäle des kurzwelligeren oder mittleren Infrarots mit einbezogen werden können.

Neben der hier gezeigten Anwendung besitzen die vorgestellten Verfahren ein hohes Potential, um auch für andere ökologisch und ökonomisch relevante Fragestellungen der Erfassung von natürlichen oder anthropogenen Wärmeanomalien genutzt zu werden sowie deren räumlichen und zeitlichen Veränderungen (beispielsweise die Erfassung von Wald- und Buschbränden oder von Torfbränden). Zudem ermöglichen sie die frühzeitige Erfassung neuer Brandgebiete in weit abgelegenen oder schwer erreichbaren Gebieten der Erde.
 

Literatur:

  • BÖKEMEIER (2002): Höllenfahrt durch China. Unterirdische Kohlenfeuer. - Geo, 9: 100-124.
  • DOZIER (1981): A Method for Satellite Identification of Surface Temperature Fields of Subpixel Resolution. - Remote Sens. Environm., 11: 221-229.
  • IQBAL (1983): An Introduction to Solar Radiation. - 390 S.; New York (Academic Press).

 


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Letzte Änderung am 27.05.2012